Hat wahres Glück vielleicht gar nichts mit äußeren Umständen zu tun?

Vor einigen Wochen schrieb mir eine junge Frau eine lange Mail. Von ihren Worten ging so viel Optimismus und Lebensfreude aus, dass ich neugierig wurde und auf ihrer Homepage zu stöbern begann.

Sie hieß Ute Kaiser und war Sängerin, und man konnte sich dort einige Beispiele ihrer Musik anhören. Ihre Musik verzauberte mit der gleichen Lebensfreude und Lebensbejahung wie ihre lange Mail, die sie an mich geschrieben hatte. Ihre Musik war so positiv, ihre Stimme so kraftvoll und klar, dass ich mehr über sie wissen wollte und mich auf den anderen Seiten ihrer Homepage umsah.

Umso größer war mein Erstaunen, als ich in ihrer Fotogalerie erkennen konnte, dass diese Frau im Rollstuhl saß. Ich war vollkommen überrascht, weil ich die Strahlkraft dieser Frau nicht in Verbindung mit einem Rollstuhl brachte. Diese Frau schien nicht die gleiche Trauer in sich zu tragen, die ich mit einem Leben im Rollstuhl verband.

Ich schrieb ihr zurück, sagte ihr, wie wundervoll ich sie als Sängerin fände und beschrieb ihr meine Überraschung, als ich auf ihrer Fotogalerie gelandet war. Ich sagte ihr, dass ich mich an den Autor Ken Keyes erinnert fühlte, dessen Ratschläge in Sachen Lebensfreude und Glück mich gut zwanzig Jahre zuvor dazu gebracht hatten, seine Regeln für mich selbst anzuwenden.

Damals war ich ebenso überrascht gewesen, als ich am Ende seines Buches feststellte, dass auch dieser Mann durch eine Kinderlähmung, die er in ganz jungen Jahren bekommen hatte,  an den Rollstuhl gefesselt war. Ich war erstaunt, dass  diese äußeren Umstände nichts am Glücksempfinden dieses Mannes hatten ändern können.

Dabei fiel mir auch der deutsche Saxofonist Klaus Kreuzeder wieder ein, der ebenfalls in einem Rollstuhl saß und mit allen Größen dieser Welt auf der Bühne musizierte. Ich hatte Platten von ihm und habe ihn einmal vier Stunden live mit Sting auf der Bühne gesehen. Auch dieser Mann versprühte mit seiner Musik eine unglaubliche Lebensfreude.

Glücksgefühle zu empfinden und glücklich zu sein, hat also ganz offensichtlich nichts mit äußeren Umständen zu tun.

Ich erinnere mich noch ganz gut an eine große Studie, die man vor langer Zeit in Amerika durchgeführt hat. Man wollte herausfinden, ob reiche und schöne Menschen glücklicher seien als Kranke und Arme. Vor allem wollte man wissen, ob Menschen, die gerade im Lotto gewonnen hatten, größeres Glücksempfinden besaßen als Menschen, die an den Rollstuhl gefesselt waren.

Zu diesem Zweck bekam jeder, der an der Untersuchung teilnahm, einen kleinen Piepser, der sich – ich glaube, es waren alle 10 Minuten – meldete und die Teilnehmer aufforderte, ihr gegenwärtiges Glücksempfinden in eine Tabelle einzutragen.

Das Ergebnis war absolut erstaunlich. Es gab keinen Unterschied.

Reiche und Arme, Gesunde und Kranke hatten fast identische Gefühle in Bezug auf ihr Glücklichsein.

Diese Studie, die inzwischen als Klassiker der Glücksforschung gilt, zeigt, dass die Lebensumstände eine weitaus geringere Rolle spielen, als wir bisher angenommen haben. Wesentlich wichtiger ist, was wir aus diesen Lebensumständen machen.

Wenn jemand im Lotto gewinnt, dann springt sein Glücksempfinden zwar für kurze Zeit extrem nach oben, aber bereits einige Wochen später stellt sich das gleiche Glücksniveau wieder ein, das er vorher hatte.

Erlebt man dagegen ein großes Unglück, rauscht man natürlich zunächst in ein emotionales Tief. Aber auch hier stellt sich nach kurzer Zeit wieder ein ganz ähnliches Empfinden ein, das man bereits vorher hatte.

Die äußeren Umstände machen uns vielleicht kurzfristig glücklich oder unglücklich. Auf lange Sicht aber zählt immer nur unsere innere Einstellung.

Wesentlich ist immer nur, aus welchem Blickwinkel wir unser Leben betrachten.

Jemandem, der gerade verlassen wurde, nützt es wenig, an den schönsten Plätzen dieser Erde zu verweilen, weil er nur an sein Unglück denkt.

Auf der anderen Seite kann man schwere Zeiten und unglückliche Umstände viel besser bewältigen, wenn man innerlich harmonisch und zufrieden ist.

 

Das Glück entsteht aus einer inneren Haltung heraus.

Vor vielen Jahren, als mein Vater völlig überraschend durch einen Autounfall ums Leben kam und mich zur gleichen Zeit meine damalige Lebensgefährtin wegen eines anderen Mannes verließ, wurde ich von heute auf morgen ins tiefste Unglück gestoßen. Ich zerging in meinem Schmerz, verstand die Welt nicht mehr, fühlte mich verloren, vom Schicksal ungerecht behandelt und sah keine Sinnhaftigkeit mehr in meinem Tun und Handeln. Auch alle materiellen Dinge, die ich angehäuft hatte, zählten in diesem Moment nicht mehr.

Genau zu dieser Zeit, als ich also alle Gründe dieser Welt hatte, unglücklich zu sein, las ich ein Buch, in dem ein Gebet stand, das mir nicht mehr aus dem Kopf ging. Selbst am nächsten Tag, als ich erwachte, war das Gebet noch immer präsent. Ich schlug das Buch erneut auf und las das Gebet ein weiteres Mal. Und plötzlich war es so, als hätte jemand einen Lichtschalter umgelegt.

Plötzlich fiel alles von mir ab, und ich fühlte mich glücklich, voller Strahlkraft und Freude. Ich fing an zu tanzen, zu singen, ich lachte, ich betrachtete die Dinge, die um mich waren, mit vollkommen anderen Augen. Alles bekam einen tiefen Sinn. Es war faszinierend, wie selbst die kleinsten Dinge des Lebens mir plötzlich unglaublich viel Freude bereiteten.

Dieser Zustand tiefen Glücks hielt lange an. Obwohl sich an meinem äußeren Zustand nichts geändert hatte, war ich glücklich. Etwas in mir, mein Blick auf die Welt, hatte sich verändert. Dieser veränderte Blickwinkel brachte mir ein tiefes Gefühl von Glück und Zufriedenheit.

Erst wenn wir in Frieden mit uns selbst sind, wird sich ein Gefühl von Glück und friedvoller Heiterkeit einstellen. Gleichgültig, wie unsere äußeren Umstände sind.

Glück ist… für jeden von uns erreichbar.